Ein Girokonto bei einer Bank eröffnen zu können, ist für die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land eine Selbstverständlichkeit. Nicht aber für Asylbewerber und Flüchtlinge, denen wegen ihrer Duldungsbescheinigung die notwendigen identitätsnachweisenden Papiere fehlen. Hintergrund ist das so genannte Geldwäschegesetz, das eben jene eindeutigen Nachweise verlangt. Für die betroffenen Menschen bringt dies enorme Beschwerlichkeiten im Alltag mit sich (siehe z.B. den Beitrag der Süddeutschen Zeitung). Dies soll sich nun ändern.
Das Bundesfinanzministerium ließ am 15. Juni 2015 mitteilen, zukünftig jedem Verbraucher das Recht auf „Zugang zu einem Zahlungskonto mit grundlegenden Funktionen“ einräumen zu wollen. „Das Recht gilt dann auch für Asylsuchende sowie für Personen, die zwar keinen Aufenthaltsstatus haben, aber aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht ausgewiesen werden können.“ Bei diesem Gesetzesvorhaben richtet sich das Ministerium nach der im 2014 beschlossenen „Zahlungskontenrichtlinie“ der EU. Diese muss bis zum 16. September 2016 in nationales Recht umgesetzt werden. Laut dem Ministerium soll dies aber bereits Anfang des kommenden Jahres geschehen.
Doch sollen Kontoeröffnungen auch schon vor diesen gesetzlichen Änderungen möglich sein. Das Finanzministerium wird nach eigenen Angaben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vorschlagen, „auch Meldebescheinigungen als Legitimationsgrundlage für eine Kontoeröffnung“ heranzuziehen, sofern diese ein Lichtbild enthalten.
In der Praxis scheint dies nun erste Früchte zu tragen, wenn auch noch recht langsam. Denn noch liegt es in der Entscheidungsmacht der Bankinstitute, Personen mit einer Aufenthaltsgestattung den Zugang zum eigenen Girokonto anzubieten. Ein positives Beispiel ist die Sparkasse Hildesheim. Auf Nachfrage bestätigte ein leitender Mitarbeiter der Sparkasse, dass man nach Ansprache mit dem Landkreis Hildesheim dem betroffenen Personenkreis seine Dienste anbiete. So seien im Jahr 2015 bereits 220 Konten eröffnet worden, die vor einem Jahr noch nicht eröffnet worden wären.
Die Landesbeauftragte für Migration und Teilhabe Doris Schröder-Köpf freut sich über diese Öffnung für Flüchtlinge und hofft, dass andere Institute bald nachziehen. „Der Zugang zu einem Konto stellt einen wichtigen Teil der gesellschaftlichen Teilhabe und Handlungsfähigkeit dar, vor allem bezogen auf den Arbeitsmarkt“, so Schröder-Köpf.
Das Sozialamt des Landkreises hatte Ende Mai damit begonnen, Bezieherinnen und Bezieher von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) über die Möglichkeit der Kontoeröffnung zu informieren. Den Betroffenen kommt diese Änderung auch finanziell entgegen: Denn die Kontoführungsgebühren sind geringer als die (nun vom Landkreis nicht mehr übernommenen) ÖPNV-Fahrtkosten zum Sozialamt, um sich dort die Unterstützung bar auszahlen zu lassen.